Gestaltungsgrundsätze für Kindergärten

Die Entfernungen zum Abliefern und Abholen von Kindern in Kinderbetreuungsstätten liegen typischerweise unter 2 km und sind damit ideal für das Fahrrad. Damit das Fahrrad für diesen Zweck auch wirklich zum Einsatz kommt, muss eine gute Fahrradabstellanlage vorhanden sein, die ein sicheres Verladen der Kinder wie auch ein sicheres Parken der Fahrräder gewährleistet.

Die besondere Herausforderung an Fahrradabstellanlagen von Kindergärten besteht darin, dass sich in den letzten Jahren eine große Vielfalt an Transportmöglichkeiten für Kinder herausgebildet hat. Während Kinder früher fast ausschließlich in einem Kindersitz auf dem Fahrrad transportiert wurden, sind heute Kindertransporträder (Lastenräder) und Kinder-Fahrradanhänger dazugekommen. Größere Kinder werden auch gerne auf angekoppelten "Nachläufern" oder begleitet auf eigenen Kinderfahrrädern an eigenständiges Fahrradfahren herangeführt. Hier eine Übersicht:

• Erwachsenenfahrrad
  mit Kindersitz
Kindersitz vor dem Lenker oder auf dem Gepäckträger: Mindestens Normalparkplatz mit 70 cm Seitenabstand erforderlich, in einem breiteren Stellplatz mit 100 cm Seitenabstand fällt das Verladen des Kindes erheblich leichter.
• Erwachsenenfahrrad
  mit Kinderanhänger
langer Einstellplatz erforderlich, damit die Gespanne zum Parken nicht immer getrennt werden müssen
• abgekoppelter Kinderanhänger (Abliefern und Abholen des Kindes durch verschiedene Personen, aber mit demselben Anhänger): breiterer Stellplatz mit 100 cm Seitenabstand erforderlich
• Kindertransportrad (Lastenrad) breiter Einstellplatz mit 100 cm Seitenabstand erforderlich
• Erwachsenfahrrad separat (Fahrräder von Beschäftigten/Fahrräder von Elternteilen, deren Kinder schon mit dem eigenen Kinderfahrrad fahren)
• Kinderfahrrad separat Gewährleisten die Fahrradhalterungen auch bei diesen Rahmenhöhen eine Abstützung/Anschließmöglichkeit am Rahmen?
• Erwachsenenfahrrad mit
  angelehntem Kinderfahrrad
Da für Kinderfahrräder meistens kein eigenes Fahrradschloss mitgeführt wird, werden Erwachsenen- und Kinderrad gern als Doppelpack abgestellt und zusammen angeschlossen: breiterer Stellplatz mit 100 cm Seitenabstand erforderlich

Alle diese Varianten von Kindertransport haben ihre Berechtigung! Mit einer einheitlich gestalteten Fahrradabstellanlage sind die unterschiedlichen Anforderungen dafür nicht abzudecken. Daher empfiehlt sich eine Kombination von ca.

  • 60 % Normalparkplätze mit 70 cm Seitenabstand
  • 25 % breitere Stellplätze mit 100 cm Seitenabstand
  • 15 % lange Stellplätze für Gespanne

Qualität und Tauglichkeit von Fahrradhalterungen

Die Qualität einer Fahrradabstellanlage steht und fällt immer mit der Qualität und Tauglichkeit der verwendeten Halterungen. Dafür sind drei Kriterien entscheidend:

  • Fahrräder können nicht beliebig dicht geparkt werden, schon gar nicht beim Verladen von Kindern in Kindersitze! Eine Fahrradhalterung verfehlt völlig ihren Sinn, wenn ein Fahrrad wegen beengter Abstellbedingungen zuerst ausgeparkt werden muss und dann freistehend das Kind in den Kindersitz gesetzt wird!
    In Fahrradabstellanlagen von Kindergärten sollten daher seitliche Mindestabstände von 70 cm bzw. 100 cm zwischen den Fahrrädern eingehalten werden. Eine abwechselnde Hoch-/Tiefstellung der Vorderräder macht bei diesen Abständen keinen Sinn mehr, ist aber auch nicht schädlich.
    Bei Reihenparkern mit Schrägstellung ist nicht der Montageabstand der Halterungen, sondern der tatsächliche Abstand der Fahrräder untereinander maßgeblich.

  • Eine Fahrradhalterung muss dem Fahrrad in der Parkposition eine gute Standsicherheit verleihen. Da beim Verladen von Lasten starke seitliche Kräfte, Hebelwirkungen und Drehmomente auftreten, gelten für dieses Kriterium bei Fahrradabstellanlagen von Kindergärten erhöhte Anforderungen! Die Halterung muss das Fahrrad gut abstützen (möglichst am Rahmen) und (möglichst auch ohne angelegtes Schloss) sicher schützen gegen
    - Umfallen und Umstoßen
    - selbständiges Herausrollen aus der Endparkposition
    - ungewolltes Umschlagen des Lenkers, insbesondere bei Lastwechseln beim Beladen

  • Zum Diebstahlschutz müssen Fahrradrahmen und Fahrradhalterung an gut zugänglicher Stelle mit handelsüblichen Fahrradschlössern sicher zusammengeschlossen werden können (mindestens 40 cm über dem Boden, der Nutzer sollte sich nicht zwischen abgestellten Fahrrädern hindurchzwängen müssen). Ein Zusammenschließen des Fahrrades in sich (Laufrad mit Rahmen) oder nur des Vorderrades mit der Fahrradhalterung ist nicht ausreichend.

Eingeschränkt taugliche Fahrradhalterungen in Abstellanlagen von Kindergärten stellen beim Verladen der Kinder in ihre Kindersitze ein Unfallrisiko dar, hier sollte keinesfalls am falschen Ende gespart werden! Die Alltagstauglichkeit von Halterungen ist nach Katalog und auch an Hand von Mustern nicht leicht zu beurteilen, daher ist immer ein Einsatz von DIN79008-konformen bzw. ADFC-empfohlenen Modellen ratsam.

Anzahl der Fahrradstellplätze

Fahrradabstellanlagen von Kindergärten sind üblicherweise abhängig von Jahreszeit und Witterung sehr unterschiedlich ausgelastet. Auch bei Spitzenauslastung sollten immer ausreichend Stellplätze vorhanden sein.

Die erforderliche Anzahl Stellplätze kann durch Befragung der Eltern oder systematische Beobachtung der Auslastungssituation (Auslastungs­monitoring) ermittelt werden. Wenn solche Zahlen nicht vorliegen, sollte der lokale Radverkehrsanteil als Basis angenommen werden.

Da der Radverkehrsanteil kontinuierlich zunimmt, sollte bei allen Vorgehensweisen eine Reserve von einem Viertel freier Stellplätze vorgehalten werden.

Umgebungsbedingungen der Abstellanlagen

  • Die Fahrradabstellanlage und ihre Zugänge sollten einer guten sozialen Kontrolle unterliegen.

  • Die Fahrradabstellanlage sollte in guter Nähe zum Eingang des Kindergartens liegen.
    Die Zufahrt muss ungehindert (ebenerdig oder über Rampen/Aufzug) möglich sein.

  • In Fahrradabstellanlagen von Kindergärten spielen Kurzzeitparken (Abliefern und Abholen der Kinder) und längerfristige Abstellung über den gesamten Kindergartentag eine gleichberechtigte Rolle. Daher ist eine wirksame Überdachung gegen Regen und UV-Verwitterung wünschenswert.

  • Die Fahrradabstellanlage sollte bei Dämmerung und Dunkelheit gut beleuchtet sein.

Bewertung von Bestandsanlagen

Bei der Bewertung bestehender Anlagen spielt die Tauglichkeit der eingesetzten Fahrradhalterungen eine entscheidende Rolle. Mit dem hier angebotenen Bewertungsbogen für Bestandsanlagen lässt sich schnell einschätzen, ob die Halterungen eine ausreichende Tauglichkeit aufweisen oder ausgetauscht werden sollten. In Abstellanlagen von Kindergärten sollten keine Halterungen mit einem Tauglichkeitsfaktor kleiner als 12 eingesetzt werden.

Aktuelle Förderprogramme

Leider finden sich heute nur an wenigen Kindergärten Fahrradabstellanlagen in guter Qualität und mit ausreichender Stellplatzkapazität. Das hat auch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) erkannt und fördert daher im Rahmen seiner "Investiven Klimaschutzmaßnahmen in den Jahren 2016/2017" den Bau bzw. Ausbau von nutzergerechten Fahrradabstellanlagen speziell auch an Kindergärten.

Die Details des BMUB-Förderprogramms sind zu finden im "Merkblatt Investive Klimaschutzmaßnahmen". Gemäß Kapitel 3.6 wird die Errichtung von Radabstellanlagen an Verknüpfungspunkten mit dem öffentlichen Verkehr und an öffentlichen Einrichtungen gefördert. Öffentliche, gemeinnützige und religionsgemeinschaftliche Kindertagesstätten, Schulen und Jugendfreizeiteinrichtungen bzw. deren Träger können die Errichtung von Radabstellanlagen auf grundstückszugehörigen Außenflächen beantragen. Es werden die folgenden Formen gefördert:

  • die Überdachung von Radabstellanlagen,
  • die Aufstellung von ggf. wettergeschützten Fahrradbügeln,
  • die Einrichtung von Fahrradgaragen und -stationen.

Zuwendungsfähig sind die Ausgaben für Hoch- und Tiefbauarbeiten sowie Anschaffung und Errichtung von Radabstell­anlagen. Ggf. erforderliche und weiterführende Maßnahmen ohne Bezug zum Radverkehr sind nicht Bestandteil der Förderung. Nicht zuwendungsfähig sind unter anderem Ladeinfrastruktur, landschaftspflegerische Maßnahmen und Planungsleistungen. Voraussetzungen für eine Förderung sind, dass

  • bei der Errichtung von Radabstellanlagen die "Hinweise zum Fahrradparken" der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) beachtet werden,
  • die Maßnahmen nicht zur Verschlechterung der Fußverkehrsqualität führen (zum Beispiel durch die Verringerung der Gehwegbreiten).

Die Zuwendung wird als Anteilfinanzierung durch einen nicht rückzahlbaren Zuschuss in Höhe von bis zu 50 % gewährt. Kommunen, die nicht über ausreichende Eigenmittel verfügen, können eine erhöhte Förderquote von bis zu 62,5 % erhalten. Die zuwendungsfähigen Ausgaben eines Vorhabens müssen mindestens eine Zuwendung in Höhe von 10.000 € ergeben. Einzelne Maßnahmen können in einem Antrag zusammengefasst werden.

Anmerkung:  Die "Hinweise zum Fahrradparken" der FGSV fordern noch größere Seitenabstände zwischen den Fahrrädern als die TR6102/DIN79008, auf deren Grundlage die Zertifizierung als "ADFC-empfohlenes Modell" erfolgt. ADFC-empfohlene Reihenanlagen unterschreiten daher die Seitenabstandsforderungen der FGSV-Hinweise und wären demnach bei enger Auslegung nicht förderwürdig im Sinne dieses Programmes. Der für die Förderanträge administrativ zuständige Projektträger Jülich des Forschungszentrums Jülich hat aber auf entsprechende Nachfrage geantwortet: "Die Verwendung von ADFC-zertifizierten Halterungen war bisher möglich und wird auch weiterhin akzeptiert werden, sofern die anderen Fördervoraussetzungen erfüllt sind."

 

 

 


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