Gestaltungsgrundsätze für Praxen, Kliniken, soziale Einrichtungen

Die typische Einstelldauer in Fahrradabstellanlagen von Praxen, Kliniken und sozialen Einrichtungen ist eher kurz (1-3 h). Das Verladen von Lasten spielt üblicherweise keine besondere Rolle. Damit sollten solche Anlagen die folgenden Eigenschaften aufweisen:

Qualität und Tauglichkeit von Fahrradhalterungen

Die Qualität einer Fahrradabstellanlage für Praxen, Kliniken und soziale Einrichtungen steht und fällt immer mit der Qualität und Tauglichkeit der verwendeten Halterungen. Dafür sind drei Kriterien entscheidend:

  • Fahrräder können nicht beliebig dicht geparkt werden! Die folgenden seitlichen Mindestabstände sind notwendig, damit Fahrräder ohne Probleme und Beschädigungen des eigenen oder benachbarter Räder ein- und ausgeparkt, angeschlossen sowie be- und entladen werden können:
    - bei niveaugleicher Einstellung: 70 cm
    - bei abwechselnder Hoch-/Tiefstellung der Vorderräder (Höhendifferenz 20...35 cm): 50 cm
    Bei Reihenparkern mit Schrägstellung ist nicht der Montageabstand der Halterungen, sondern der tatsächliche Abstand der Fahrräder untereinander maßgeblich.

  • Eine Fahrradhalterung muss dem Fahrrad in der Parkposition eine gute Standsicherheit verleihen. Dazu muss die Halterung das Fahrrad gut abstützen (möglichst am Rahmen) und (möglichst auch ohne angelegtes Schloss) sicher schützen gegen
    - seitliche Kräfte z. B. durch Winddruck, versehentliches Anstoßen, Beladen des Fahrrades
    - selbständiges Herausrollen aus der Endparkposition
    - ungewolltes Umschlagen des Lenkers, insbesondere bei Lastwechseln beim Be- und Entladen

  • Zum Diebstahlschutz müssen Fahrradrahmen und Fahrradhalterung an gut zugänglicher Stelle mit handelsüblichen Fahrradschlössern sicher zusammengeschlossen werden können (mindestens 40 cm über dem Boden, der Nutzer sollte sich nicht zwischen abgestellten Fahrrädern hindurchzwängen müssen). Ein Zusammenschließen des Fahrrades in sich (Laufrad mit Rahmen) oder nur des Vorderrades mit der Fahrradhalterung ist nicht ausreichend.

"Felgenklemmer" und einfache Vorderradhalterungen erfüllen diese Kriterien nicht, sie geben einem abgestellten Rad nur ungenügend Standsicherheit und Diebstahlschutz! Die Alltagstauglichkeit von Halterungen ist nach Katalog und auch an Hand von Mustern nicht leicht zu beurteilen, daher ist ein Einsatz von ADFC-empfohlenen Modellen ratsam.

Anzahl der Fahrradstellplätze

Eine Fahrradabstellanlage für Praxen, Kliniken und soziale Einrichtungen ist üblicherweise abhängig von Jahreszeit und Witterung sehr unterschiedlich ausgelastet. Auch bei Spitzenauslastung sollten immer ausreichend Stellplätze vorhanden sein.

Die erforderliche Anzahl Stellplätze kann am zuverlässigsten durch systematische Bobachtung der Auslastungssituation (Auslastungsmonitoring) ermittelt werden. Ansonsten kann der lokale Radverkehrsanteil als Basis angenommen werden. Da der Radverkehrsanteil kontinuierlich zunimmt, sollte eine Reserve von einem Viertel freier Stellplätze vorgehalten werden.

Umgebungsbedingungen der Abstellanlagen

  • Die Fahrradabstellanlage und ihre Zugänge sollten einer guten sozialen Kontrolle unterliegen.

  • Die Fahrradabstellanlage sollte in guter Nähe zu den Eingängen liegen.
    Die Zufahrt muss ungehindert (ebenerdig oder über Rampen/Aufzug) möglich sein.

  • Wenn die Fahrradabstellanlage auch zum Parken der Fahrräder der Beschäftigten bestimmt ist, sollte sie im Hinblick auf die lange Einstelldauer der Mitarbeiterfahrräder mit einer wirksamen Überdachung gegen Regen und UV-Verwitterung ausgestattet sein; das schont durch geringere Alterung der Fahrräder den Geldbeutel der Beschäftigten und ist ein merklicher Nachhaltigkeitsbeitrag!

  • Die Fahrradabstellanlage sollte bei Dämmerung und Dunkelheit gut beleuchtet sein.

Bewertung von Bestandsanlagen

Bei der Bewertung bestehender Anlagen spielt die Tauglichkeit der eingesetzten Fahrradhalterungen eine entscheidende Rolle. Mit dem hier angebotenen Bewertungsbogen für Bestandsanlagen lässt sich schnell einschätzen, ob die Halterungen eine ausreichende Tauglichkeit aufweisen oder ausgetauscht werden sollten. In Abstellanlagen von Praxen, Kliniken und sozialen Einrichtungen sollten keine Halterungen mit einem Tauglichkeitsfaktor kleiner als 12 eingesetzt werden.

Aktuelle Förderprogramme für Jugendfreizeiteinrichtungen

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) fördert aktuell im Rahmen seiner "Investiven Klimaschutzmaßnahmen in den Jahren 2016/2017" den Bau bzw. Ausbau von nutzergerechten Fahrradabstell­anlagen speziell auch von Jugendfreizeiteinrichtungen.

Die Details des BMUB-Förderprogramms sind zu finden im "Merkblatt Investive Klimaschutzmaßnahmen". Gemäß Kapitel 3.6 wird die Errichtung von Radabstellanlagen an Verknüpfungspunkten mit dem öffentlichen Verkehr und an öffentlichen Einrichtungen gefördert. Öffentliche, gemeinnützige und religionsgemeinschaftliche Kindertagesstätten, Schulen und Jugendfreizeiteinrichtungen bzw. deren Träger können die Errichtung von Radabstellanlagen auf grundstückszugehörigen Außenflächen beantragen. Es werden die folgenden Formen gefördert:

  • die Überdachung von Radabstellanlagen,
  • die Aufstellung von ggf. wettergeschützten Fahrradbügeln,
  • die Einrichtung von Fahrradgaragen und -stationen.

Zuwendungsfähig sind die Ausgaben für Hoch- und Tiefbauarbeiten sowie Anschaffung und Errichtung von Radabstell­anlagen. Ggf. erforderliche und weiterführende Maßnahmen ohne Bezug zum Radverkehr sind nicht Bestandteil der Förderung. Nicht zuwendungsfähig sind unter anderem Ladeinfrastruktur, landschaftspflegerische Maßnahmen und Planungsleistungen. Voraussetzungen für eine Förderung sind, dass

  • bei der Errichtung von Radabstellanlagen die "Hinweise zum Fahrradparken" der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) beachtet werden,
  • die Maßnahmen nicht zur Verschlechterung der Fußverkehrsqualität führen (zum Beispiel durch die Verringerung der Gehwegbreiten).

Die Zuwendung wird als Anteilfinanzierung durch einen nicht rückzahlbaren Zuschuss in Höhe von bis zu 50 % gewährt. Kommunen, die nicht über ausreichende Eigenmittel verfügen, können eine erhöhte Förderquote von bis zu 62,5 % erhalten. Die zuwendungsfähigen Ausgaben eines Vorhabens müssen mindestens eine Zuwendung in Höhe von 10.000 € ergeben. Einzelne Maßnahmen können in einem Antrag zusammengefasst werden.

Anmerkung:  Die "Hinweise zum Fahrradparken" der FGSV fordern noch größere Seitenabstände zwischen den Fahrrädern als die TR6102/DIN79008, auf deren Grundlage die Zertifizierung als "ADFC-empfohlenes Modell" erfolgt. ADFC-empfohlene Reihenanlagen unterschreiten daher die Seitenabstandsforderungen der FGSV-Hinweise und wären demnach bei enger Auslegung nicht förderwürdig im Sinne dieses Programmes. Der für die Förderanträge administrativ zuständige Projektträger Jülich des Forschungszentrums Jülich hat aber auf entsprechende Nachfrage geantwortet: "Die Verwendung von ADFC-zertifizierten Halterungen war bisher möglich und wird auch weiterhin akzeptiert werden, sofern die anderen Fördervoraussetzungen erfüllt sind."

 

 

 


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